C. 1.
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften
Protokoll
über die Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 24ten November 1847
Unter dem Vorsitz des
Herrn Präsidenten Freiherrn von Hammer-Purgstall
Anwesende
Herr Director
Grillparzer
Herr
Regierungsrath
Arneth
Herr
Baron
von Hügel
Herr
Regierungsrath
Chmel
Herr
Regierungsrath
Endlicher
Herr
Hofrath Baron
von Münch
Herr
Regierungsrath
Auer
Herr
Secretair
Wolf
Herr
Regierungsrath und General Secretair
von Ettingshausen
als Gast.
Der Herr
Präsident richtet an die Classe die Vorfrage, ob sie diese
Sitzun-
gen schon als ordentliche angesehen wissen wolle, indem seiner
Mei-
nung nach die Akademie erst nach der Eröffnung der feierlichen Sitzung
und nach ihrer Vervollständigung durch die noch zu treffenden Wahlen
als constitiert zu betrachten sei, und ihr förmliches Wirken beginnen
könne?
Die Classe beruft sich dagegen auf den von Seiner kaiserlichen Hoheit
dem durchlauchtig-
sten Herrn Curator ergangenen hohen Erlaß vom 12. November 1847
worin Seine kaiserliche Hoheit sich bewogen gefunden, den von der
kaiserlichen
Akademie
unterbreiteten Entwurf der Geschäftsordnung dahin zu bestätigen,
daß die §§ 1-10 eine andere Textierung erhalten, und erklärt sich
demgemäß für constituiert und für befugt, ordentliche Sitzungen
zu halten und Beschlüße zu fassen.
Hierauf eröffnet der Herr
Präsident die Sitzung mit einer kurzen Anrede,
wor-
in er der Classe die ihr nach dem § 4 der Statuten obliegenden
Hauptaufga-
ben vorstellt, und zwar vorzugsweise Abhandlungen für die
Denkschrif-
ten auszuarbeiten, und die Herausgabe solcher Werke zu veranlassen
und zu unternehmen, welche der Unterstützung der Akademie würdig
sind und bedürfen. – Um in beiden Beziehungen mit dem Beispiele
vorzu-
gehen, erklärt er zwei Abhandlungen für die Denkschriften vorbereitet
zu haben, nämlich eine über "die Literatur der Araber", und eine über die
"Siegel der Morgenländer". Als ein zur Herausgabe durch die Akademie
geeigentes Werk, sowohl wegen seiner Wichtigkeit als Schwierigkeit
schlägt er mit Beziehung auf das in seiner gekrönten Preisschrift:
"Uiber die Länderverwaltung unter dem Chalifate" Gesagt Wassaf's Geschichte
der Nachkommen Dschengischan's" vor, und behält sich vor, in einer der
fol-
genden Sitzungen einen ausführlicheren Bericht über die Art und Weise der
Herausgabe zu erstatten.
Dem Beispiel des Herrn
Präsidenten folgend, erklären mehrere
Mit-
glieder theils im Allgemeinen Abhandlungen bereit zu haben, wie die
Herrn
Auer, Baron
von Hügel, theils mit näherer Bezeichnung ihrer
Gegenständen, so der Herr
Chmel, der in einer Reihe von
Abhandlun-
gen "eine Kritik der österreichischen Geschichte, von Aussterben der
Babenberger bis zum westphälischen Frieden" geben will; und Herr
Arneth, der eine "Abhandlung über die Caméen des
kaiserlich-königlichen
Antikencabi-
nets" und eine "über die Monumente in Gold und Silber desselben",
jede mit 30 Kupfertafeln ausgestattet, endlich "einen Bericht über
eine antiquarische Excursion in Dalmatien" für die Denkschriften
der Akademie bestimmt hat. Für sehr wünschenwerth hielte er
auch die von der Akademie zu unternehmende Herausgabe eines
"Catalogs der griechischen Münzen des Antikencabinets".
Herr
Endlicher hält für eine bei weitem wichtigere Aufgabe der Akademie
als Abhandlungen zu liefern und Werke herauszugeben, die, solche
wissenschaft-
liche Arbeiten zu veranlassen, zu leiten und selbst zu unternehmen, die nur durch
ein Zusammenwirken mehrerer Kräfte gefördert werden können, und
glaubt daß vor allen dazu Vorschläge gemacht werden sollten. Uibrigens könne
die Classe auch über Vorschläge zu Abhandlungen und zur Herausgabe von
Werken nur dann Anträge machen, oder Beschlusse fassen, wenn ihr mehr
ins Einzelne gehende Pläne dazu vorgelegt werden, und was insbesondere
die Herausgabe von Werken betrifft, so müsse sie sich immer auf den
genau-
en Bericht und das Gutachten einer eigens dafür bestimmte Commission
stützen können. Herr
Baron
von Münch_ stimmt der Ansicht des Herrn
Endlicher
bei, und wünscht, die Classe möge vor allen sich mit solchen Vorschlägen zu
ge-
meinsamen historischen oder philologischen Arbeiten beschäftigen.
Hierauf legt der
Sekretair von den an die Akademie
eingesen-
deten Werken jene vor, die in den Bereich der historisch
philolo-
gischen Classe fallen [siehe Beilage]; endlich theilt der
Secretair ein an den Herrn
Präsidenten gerichtetes Schreiben des Herrn Alphonse
Jobard,
Professor
der französischen Sprache bei der
königlich
ungarischen
Nobel-Garde mit, in
welchem dieser die Akademie ersucht, ihr das Manuscript seiner
nach einer neuen Methode gearbeiteten "Grammatik der
Französischen
Sprache" vorlegen zu dürfen, um sie zu begutachten.
Auf den Antrag des
Secretairs beschließt die Classe, die überreichten
Werke anzunehmen und den Einsendern ihren Dank dafür auszudrücken.
Ferner überträgt sie auf den Wunsch des Cavaliere Blanos eingehend, die Be-
gutachtung seines Werkes Herrn
Endlicher.
Endlich beauftragt sie den
Secretair, das Schreiben des Herrn
Jobard
dahin zu beantworten, daß er ihr seine Grammatik zur Prüfung
vor-
legen dürfe.
Bei dieser Gelegenheit sprechen mehrere Mitglieder der Classe den Wunsch
aus, daß die eingesendeten Werke vor ihrer Abgabe an andere Institute
wenigstens Ein Jahr über in einem Locale der Akademie aufbewahrt
blei-
ben, und daß es sowohl zu ihrer bequemeren Benützung als auch zur
Errichtung eines so höchst nöthigen
Journal-Lesezimmers
die
Mitglieder der Akademie, sehr zweckmäßig wäre, ein paar Zimmer
in der Stadt auf Kosten der Akademie zu miethen.
Herr Baron
von Münch erbietet sich, im Falle ein solches Locale in der Nähe der
Hofbibliothek gemiethet werde, um die Erlaubniß einzuschreiten, die von der
Hof-
bibliothek gehaltenen Journals der Akademie unter ihrer Dafürhaftung
mit-
theilen zu dürfen, um sie durch einige Zeit im Journalzimmer aufliegen zu lassen.
Der Herr
Präsident erklärt sich gegen diesen Vorschlag, ein Locale zur Journal-
Lectüre in der Stadt auf Kosten der Akademie zu miethen, weil laut der
Statu-
ten die Staatsverwaltung es auf sich genommen, für die Locale der Akademie
zu sorgen, und es daher der Akademie nicht zustehe, die ihr zu anderen Zwecken
angewiesenen Gelder auf diese Weise zu verwenden, und daß
Seine
Kaiserliche
Hoheit
der Herr
Curator überhaupt nur gebeten werden könnte, die ganze Akademie statt im
polytechnischen Institute, in der Stadt unterzubringen.
Die Classe beschließt, durch ihren
Secretair in einer Gesammtsitzung
der Akademie den Antrag stellen zu lassen, ein solches Locale in der
Stadt behufs eines Journal-Lesezimmers auf Kosten der Akademie
zu miethen.
Der Herr
Präsident verwehrt sich gegen diesen Antrag und behält sich vor, an
Seine
Kaiserliche
Hoheit
den Herrn
Curator darüber zu berichten.
Hierauf hält Herr
Chmel einen Vortrag, worin er Vorschläge zu Arbeiten
für die historische Classe macht; und zwar zur Ausarbeitung einer
Bibliotheca austriaca; einer Bibliotheca manuscriptorum; zur
Herausgabe der Fontes rerum austriacarum; oesterreichischer
Sprachdenkmäler und Idiotiken; und eines historischen Atlas.
Indem Herr
Endlicher dem allgemeinen Beifall, womit Herrn
Chmel's
Vor-
trag aufgenommen wurde, zustimmt, glaubt er jedoch bemerken zu müssen,
daß – so wünschenswerth auch die Ausführung aller vom Herrn
Chmel
ge-
machten Vorschläge sei – doch dazu die Mittel und Kräfte der Akademie für jetzt
noch unzureichend befunden werden dürften; daß es ihm daher am gerathensten
scheine, vorerst nur Einen dieser Vorschläge zu realisieren zu suchen, und zwar
halte er dazu am geeignetsten; die Herausgabe der Fontes rerum austriaca-
rum, und etwa noch die Veranlassung eines Verzeichnisse aller in den Bibliotheken
der österreichischen Monarchie befindlichen Handschriften. Die Classe – im
Falle sie dies billige – möge dann eine Commission zur Ausarbeitung eines
detaillierteren Planes ernennen.
Herr Baron
von Münch schließt sich umsomehr dem beschränkenden Antrag des Herrn
Endlicher an, als einer von Herrn
Chmel's Plänen, der eine Bibliotheca
austri-
aca zu unternehmen, eine hinlänglich breite Basis bekäme, ja mehr als zur
Hälfte schon ausgeführt wäre, wenn zu den von
Seiner
Majestät
schon vor geraumer
Zeit bewilligten an der
kaiserlich-königlichen
Hofbibliothek vorzunehmenden außerordentlichen
Arbeiten, worunter eben auch die Ausarbeitung eines allgemeinen
wis-
senschaftlichen Catalogs, endlich einmal, wie zu hoffen stehe, die Fonds
an-
gewiesen würden.
Auch Herr
Chmel erklärt sich zufrieden mit dieser Beschränkung; nur wünscht er
dann, daß ein etwa mit den Monatsberichten der Akademie zu verbindendes,
aber auch getrennt zu habendes Notizenblatt von der Akademie
herausge-
geben werde, worin, nach Art des Pertz'schen Archivs, mehr ins Einzelne
ge-
henden Nachrichten von den Fortschritten und Resultaten dieser Arbeit, Auszüge
aus der damit verbundenen Correspondenz,
und so weiter
gegeben würden.
Die Classe beschließt, vorerst sich nur mit den von Herrn
Endlicher
vorgeschlagenen Arbeiten zu beschäftigen und ernennt zur
Ausarbei-
tung eines genaueren Planes dazu eine Commission bestehend aus
den Herrn
Chmel,
Endlicher,
Baron
von Münch_ und dem
Secretair.
Zugleich beauftragt sie diese Commission, einen ausführlicheren
Bericht über das von Herrn
Chmel gewünschte Notizenblatt ihr zu
erstatten, damit darauf der Antrag an die Akademie
gegrün-
det werden könne.
Hammer-Purgstall
Ferd. Wolf
Grillparzer
Chmel
JosephvMünch
Endlicher
Auer
Jos. Arneth
CAHügel
Ad C. 1.
Beilage
zum Sitzungs-Protokoll
Numero
1 vom 24ten November 1847
der historisch-philologischen Classe.
Verzeichniss
der eingesendeten Werke
Von dem wirklichen auswärtigen Mitgliede der Akademie
Seiner
Excellenz
dem
Herrn Conte
Cittadella Vigodarzere.
"Giuseppe Barbieri, Cenni." Bassano, 1847 (Nro 17)
Balabarata (Balabarata oder Auszug aus dem
Mahaba-
rata, aus dem Indischen ins Griechische übersetzt von Demeter
Gallanos, und zum erstenmal herausgegeben von Georgios Kozakis
Typaldos,
Vorsteher der königl. Universität-Bibliothek zu Athen.)
Athen, 1847, übersendet mit einem Einbegleitungsschreiben
der
kaiserlich-königlichen
geheimen Haus-Hof-und Staatskanzley, von dem
Herausgeber Herrn
Typaldos. (Nro 18)
Von dem Chevalier Paravey folgende Abhandlungen:
a Ninivé et Babylone expliquées dans leurs écritures et leurs
mo-
numents par les livres emportés en Chine etc.
b Dissertation abrégée sur le nom antique et hiéroglyphique
de la Judée.
c. Note abrégées relative aux Obosou Tumulus du Bosphore
Cimmérien.
d Origine asiatique d'un peuple de l'Amérique du Sud
Mémoire sur l'origine Japonaise, arabe et basque de la
Civi-
lisation des peuples du Plateau de Bogota.
e L'Amérique sous le nom de payt de Fou-Sang
f Astronomie ancienne et égyptienne.-Astronomie
chez les Japonois et des Chinois.
g. Note relative à un passage d'El-Bakoui sur les migrati-
ons des anciens Arabes vert la Chine.
h. Dissertation sur les Ting-Ling.
i. Fragments sur l'histoire littéraire et politique de Raguse.
k. Quelques idées sur les collections de fleurs peintes en
vogées de le Chine.-Lettre sur les collections chinoises
et japonaises, se trouvant à la Haye et à Leyde.
l. De l'état des sciences chez les anciens.
m. Études sur l'archéologie.
n. Essai sur quelques Zodiaques apportés des Indes.
o. Documents hiéroglyphiques sur le deluge de Noë.
p. Dissertation sur les Amazones dont le souvenir est con
servé en Chine. (Nro 40)
Von Herrn Löwenstern
a. Essai de déchiffrement de l'écriture Assyrienne pour
servir à l'explication du monument de Khorsabad. Paris 1841.
(Nro 11)
b Exposé des éléments constitutifs du systéme de la
troi-
sième écriture cunéiforme de Persepolis. Paris, 1847 (Nro 12)
Von Herrn Professor Wüstenfeld:
The biographical Dictionary of illustrious men chiefly
at the beginning ob Islamism by Abu Zakariya
Yahya El-Nawawi. Part VIII. Göttingen, 1845. (Nro 15)
Von dem Präsidenten Fenicia:
a. Canto sopra Venezia. Bari, 1847
b Diana la gatta, Memoria archeologica. Bari, 1847 (Nro 11)
Von dem Professor Herrn Jean Joseph Nyssen:
Examen critique et litteraire de da Rodolphiade der Sa Excellence
Johann Ladislaus
Pyrker. St. Trond, 1847. (Nro 16)
Von dem Athenäum zu Venedig.
Discorsi letti nella pubblica adunanza del giorno
11. Luglio 1847 nell Ateneo Veneto, Venezia 1847. (Nro 46)
Von dem Scriptor der kaiserlich-königlichen Hofbibliothek Herrn Theodor Georg von Karajan
Zehn Gedichte Michel Böheims zur Geschichte Oesterreichs
und Ungarns mit Erläuterungen.
Wien, 1848. (Nro 55)
Von dem Cavaliere Lorenzo Blanco in Neapel: (Nro 49)
Varietà nei volumi Ercolanesi, Napoli 1846, mit einem
Schreiben worinn er die Akademie bittet, ihm ihr Urtheil
darüber zukommen zu lassen.